Koyaanisqatsi (1983)

Verfasst von Berny23 am 26. September 2023

Tatsächlich haben wir hier einen Film, den ich ohne Wenn und Aber zu den wichtigsten Werken der amerikanischen 80er-Jahre-Produktionen zählen würde. Interessant also, dass ihn schlicht gesagt kein Schwein kennt.

Doch worum geht es, wie lautet die Handlung? Eigentlich existiert gar keine, andererseits kann man natürlich immer noch argumentieren, dass es die moderne Menschheitsgeschichte sei, die dargestellt werde, wobei das dem Begriff „Handlung“ doch nicht im Sinne einer greifbar erzählten Geschichte entspräche.

Inhaltlich geht es um dieselben Themen, wie in vielen Streifen der 80er-Popkultur: schnell fahrende Autos, große Explosionen, Städte und menschliche Vielfalt. Nur ist die Darstellung hier drastisch anders, denn es wird kein Wort gesprochen und stattdessen alles von progressiver Musik untermalt, häufig ist diese a cappella. Statt Menschen zu Wort kommen zu lassen, lässt Reggio die Bilder für sich sprechen.

Gezeigt werden erst unberührte Landschaften, gleich darauf die Industrialisierung in Form von Kohleförderung, riesigen Kraftwerken, Staudämmen und sich weithin erstreckenden Anlagen. Es folgt Krieg, die Entwicklung und der Einsatz von Bomben, zerstörte Stadtgebiete, Armenviertel. Nach den spektakulär anzusehenden geplanten Sprengungen von Brücken und heruntergekommenen Häusern geht es wieder aufwärts – die Bevölkerung wird in zunehmend schneller werdenden Zeitrafferaufnahmen gezeigt, wichtige Popkulturphänomene (Arcade-Automaten, Mode, Zeitungsläden, Röhrenbildfernseher, Werbung) sowie die Arbeitswelt (Bäckerei- & Metzgereibetriebe, Autoherstellung, Hochhaus-Büros, „Chiphersteller“) stehen im Vordergrund, dazwischen spannende Verkehrsaufnahmen und Ausschnitte aus den alltäglichen Erlebnissen der Passanten.

Das alles mag damals vielleicht als Kritik und Umweltverschmutzung, Überbevölkerung oder so ähnlich gedacht gewesen sein, heute aber ist der Film ein unschätzbares Zeitdokument, das Aufnahmen von normalen Bürgern ohne Doku-Rahmen oder das Bewusstsein des Gefilmtwerdens zeigt. Natürlich muss man bedenken, dass es die rein amerikanische Sichtweise ist, aber glücklicherweise gibt es hier keinerlei Flaggengewedel oder auch nur irgendeine ideologische bzw. patriotische Agenda.

Gesehene Fassung: Blu-ray (Criterion)

Gesehen als Teil der Liste „101 Films You Must See Before You Die“.