Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind (2016)

Verfasst von Joerg Melzer am 2. Mai 2019

Diese Verfilmung eines nicht sonderlich fundamentalen Büchleins aus Rowlings Potter-Universum ist in etwa so sehr Filmkunst, wie Betriebsanleitungen und Enzyklopädien der Literatur zugehörig sind – man kann sie so bezeichnen, aber tatsächlich weiß jeder, dass sie ausschließlich einem praktischen Zweck dienen. In diesem Fall geht es darum, dem nimmersatten Muggel die Goldstücke aus der Börse zu zaubern. Mit Kunst jedenfalls hat die computergenerierte Realisierung Dutzender Fantasiewesen nur noch im technischen Sinne etwas zu tun. Je mehr von ihnen das (in Liverpool nachgestellte) New York der 20er Jahre heimsuchen, desto offensichtlicher entpuppt sich die Filmhandlung als reine Aufzählung phantastischer Konstrukte.

Zwischen der meist mit Chaos und Demontage geordneter Abläufe verbundenen Vorstellung der Tierwesen gelingt Hogwarts-Spezialist David Yates immerhin auch ohne direkten Bezug zur Hauptreihe, zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort, das Potter-Feeling zu rekonstruieren. Angesichts der wenig gehaltvollen Geschichte bleibt das Bemühen um die Markenzeichen der Zauberer-Serie eine luftleere Blase, die aber als warme Erinnerung an die Hochzeiten der Franchise dennoch alte Fans für das Fehlen liebgewonnener Charaktere entschädigen dürfte.

Denn man darf nicht unfair sein: Auch wenn der Griff zur Schublade des seelenlosen Blockbusters verführerisch ist, zwischen dem Trio Eddie Redmayne, Dan Fogler und Alison Sudol (Katherine Waterston, die das Trio zum Quartett macht, bleibt leider ein bisschen außen vor) sprüht eine bemerkenswerte Chemie, wobei insbesondere Fogler als naiver Außenseiter mit einem Herzen aus Gold alle Sympathien auf seiner Seite haben dürfte. Läge nicht ein solch klinischer Schleier aus geometrischen Spezialeffekten über allem, man könnte sogar große Freude an der Gestaltung New Yorks haben mit seinen Pflastersteinen, den mit Accessoires gespickten Kostümen der Passanten und dem leuchtenden Horizont, der alles in ein romantisches Licht taucht.

Auf Dauer lässt der beherzte Griff in den Koffer ohne Boden jedoch an echten Konflikten vermissen. Zauberei ist in Filmen immer nur so lange interessant, wie sie eine Verbindung zum wahren Leben bewahrt. Diese Verbindung wird spätestens im Finale mit einem Wirbelsturm aus schwarzen Pixeln wieder eingerissen, bevor wie zur Entschuldigung gleich drei, vier Abschiede folgen, als wären nicht bereits vier weitere Teile geplant, die unzählige weitere Fabelwesen auf uns niederregnen lassen werden – und uns sozusagen dann mit vorgehaltener Waffe dazu zwingen, weitere Male in den Koffer zu steigen, wie einst von Mr. Burns mit Smithers und einem Modellflugzeug vorgemacht.

Ja, die 180 Millionen sind so angelegt, dass sie für das Auge sichtbar sind und ermöglichen in vielleicht etwas zu langen 130 Minuten einen eskapistischen Tauchgang in retro-phantastische Parallelwelten mit digital gepimpten Zauberstöcken, Zauberkoffern und all dem alten Krimskrams, der statt weißer Karnickel allerhand Buntes zu präsentieren weiß. Der charmante Main Cast lenkt dabei erfolgreich davon ab, dass man nichts vermissen würde, stünde man am Ende ebenfalls im Blitzdings-Regen und ließe sich das Hirn jungfräulich waschen.