The Snowman (2017)

Verfasst von Bloody Jörg am 30. April 2019

Bedrohlich bäumt sich der Schneemann vor dem Fenster auf und starrt grimmig durch das Fenster, einen Ball formend, bereit zum Abwurf. Doch er konnte nicht ahnen, dass die Schneebälle postwendend Retour gehen würden, bis ihm die nicht vorhandenen Ohren klingeln...

Ja, mit Ablehnung beim Publikum, das sich bisweilen unberechenbar verhält, muss man immer rechnen. Aber dass sich die Kritik fast einstimmig gegen einen solchen Edel-Thriller im ewigen Eis von Norwegen aussprechen würde, ist wohl eher nicht in die Kalkulation eingeflossen. In diesem Fall dürfte das tatsächlich Zuschauer gekostet haben, nach dem Motto: Wenn nicht einmal die Kritiker bei einem für Kritiker gemachten Film etwas Positives zu berichten haben, müssen wir uns erst recht nicht damit befassen.

Dabei könnten Zuschauer, die eher vom Visuellen gesteuert werden als vom Inhalt, durchaus etwas verpassen. Es ist nun nicht so, dass die schlechten Rezensionen Unwahrheiten verbreiten: Das Drehbuch ist in der Tat zerfahren, es öffnet einen Subplot nach dem anderen, es erlaubt keinen Zugang zu den Figuren (fatalerweise erst recht nicht zur Hauptfigur), es verheizt einen ziemlich prominenten Cast in teilweise unbedeutenden Rollen. Verschwiegen wird aber auch, dass traumhafte Bilder skandinavischer Berg- und Schneelandschaften gezeigt werden und die Kamera Mittel und Wege findet, diese in ganz besonderen Kompositionen zu verarbeiten. Alleine die scharfen Kontraste sorgen schon für Schockwirkung nach alter Hitchcock-Rezeptur. Speziell "Das Fenster zum Hof" wird durch die exzessive Nutzung des Hintergrunds und durch die oft genutzte Fensterscheiben-Perspektive, die gewissermaßen zur Untätigkeit verdammt, mehr als einmal zitiert. Auch Nolans "Insomnia" blitzt auf, wann immer der weiße Schnee von dunklem Rot durchtränkt wird.

Diesbezüglich ist "Schneemann" weit mehr als ein gewöhnlicher Skandinavien-Krimi. Dass das Drehbuch nicht ganz mitspielt und man eventuell auch an der Schauspielführung das ein oder andere monieren kann, ist natürlich bedauerlich. Wären diese Punkte aber auch dem gleichen Niveau wie die reinen Bilder, müssten wir sogar von einem der besten Thriller des Jahres sprechen.