Barbarella (1968)

Written by Kalla Malla on November 11, 2014

Im Jahr 4000 erhält die Astronautin Barbarella (Jane Fonda) vom Präsidenten der Erde einen Spezialauftrag. Sie muss den spurlos verschwundenen Wissenschafter Durand Durand (Milo O'Shea) ausfindig machen, der eine Weltvernichtungswaffe entworfen hat und diese an einen verfeindeten Planeten verkaufen will. Bei ihrer Reise durch das Weltall muss Barbarella eine Kette absurder Abenteuer bestehen, die sie völlig unvorbereitet treffen. Schon der Versuch, ohne Komplikationen auf dem Planeten zu landen, den Durand Durand angesteuert hat, scheitert. Sie wird mit ihrem Raumschiff in einen Sog gezogen und stürzt ab. Danach muss sie sich aggressiven Puppen erwehren, die mit gewalttätiger Konsequenz auf sie los gehen. Schließlich erfährt Barbarella vom blinden Engel Pygar (John Phillip Law), dass ein böser Tyrann (Anita Pallenberg) sein Unwesen auf dem Planeten treibt. Nachdem Barbarella den Engel mit Sex wieder fitgemacht hat, beginnen beide einen Kampf gegen den Tyrannen und Durand Durand...

Es gibt Filme, die sind untrennbar mit ihrer Zeit verknüpft, und das trashig-verdrogte Lebensgefühl der 60er Jahre spiegelt wohl kaum ein Streifen besser wider als die SF-Comic-Verfilmung »Barbarella«. Roger Vadim, der 1956 die damals 22-jährige Brigitte Bardot mit dem Melodram „Und ewig lockt das Weib“ bekannt machte, schuf auch hier wieder vor allem eine Bühne für seine damalige Frau Jane Fonda, die ein Jahr, bevor ihr Bruder Peter Fonda der Hippiebewegung mit »Easy Rider« eine neue, rebellische Ikone bescherte, hier den eher in Richtung »camp« zielenden Gegenentwurf lieferte und mit ihrer naiv-charmanten Ausstrahlung den Film praktisch trägt.

Die schrillen Sets, etwa ein Raumschiff mit Plüsch-Innenverkleidung, entstanden unter der Beratung von Comic-Autor Jean-Claude Forest, was sicher dazu beigetragen hat, dass die Optik der Vorlage kongenial umgesetzt wurde. Gleichzeitig ist der Film als pointierter Beitrag zur sexuellen Befreiung zu sehen: Auf ihren Abenteuern in der Galaxis lernt Barbarella Sex erst kennen – zuvor war ihr nur ein körperloses Surrogat mittels Pillen bekannt – und setzt ihre Waffen der Frau dann gezielt ein, im Höhepunkt (!) des Films ist sie einer Orgasmatron genannten Orgel ausgeliefert, einer Waffe, die durch übermäßige sexuelle Stimulation tötet, und vernichtet das Gerät. Die Story ist ansonsten nicht weiter erheblich, es ist eine Fantasy-Geschichte um das übliche Gut gegen Böse, die vor allem den Zweck hat, immer wieder neue bizarre Situationen und Charaktere in den Film zu integrieren.

Für die Hauptrolle war die blonde Italienerin Virna Lisi ursprünglich die erste Wahl, aber sie brach die Verhandlungen ab und ging zurück nach Italien. Für Jane Fonda, die seit 1965 mit Roger Vadim verheiratet und bis dahin eher nur als Tochter von Henry Fonda bekannt war, bedeutete diese Rolle den internationalen Durchbruch. Auch den Modeschöpfer Paco Rabanne, Entwerfer des hautengen Catsuits von Jane Fonda, machte der Film schlagartig bekannt. An einer Stelle wird das galaktisch anmutende Kennwort »Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch« benutzt – tatsächlich ist es der Name einer Gemeinde in Wales.

Zugegeben, »Barbarella« ist nicht gerade eine cineastische Meisterleistung. Die phantasievollen aber billigen Space-Sets und die mehr als dürftigen Dialoge lassen den Film von 1968 kaum aus der Masse der Weltraum-B-Movies hervorstechen. Und die Figur »Barbarella« ist eine nur notdürftig verhüllte männliche Masturbationsphantasie. Doch trotz allem hat es der Film, der im Oktober 1968 in die Kinos kam, es zu einem zentralen Puzzlestück der Popkultur gebracht. Denn er überzeichnete die Phänomene seiner Zeit so schrill und ironisch wie kein zweiter.

Roger Vadims erotisches SF-Spektakel aus der Blütezeit der Flowerpower-Ära gehört zweifellos zur Gilde jener Filme, die mit zunehmendem Alter an Reiz gewinnen. Was den meisten Kritikern seinerzeit als eine sadomasochistische Peepshow auf dem »Trickniveau des ARD-Sandmännchens« (FILM) galt, wirkt heute in seiner inhaltlichen Naivität und entfesselten Kitschbegeisterung um so unterhaltsamer. Beim zahlenden Publikum kam der Film schon damals gut an, was angesichts der textilarmen Auftritte von Hauptdarstellerin Jane Fonda und ihrer Widersacherin Anita Pallenberg nur wenig verwundert.

Fazit: »Barbarella« macht einfach Spaß. Man muss den Machern in jeder Sekunde Tribut zollen für die radikale Konsequenz, mit der hier auf Trash pur gesetzt wird, keinen Augenblick nimmt sich der Film ernst und wirkt dennoch zu keiner Sekunde albern oder aufgesetzt. Neben Jane Fonda begegnen wir auch anderen Ikonen der Sechziger Jahre wie Rolling-Stones-Muse Anita Pallenberg oder David Hemmings, dem hippen Fotograf aus »Blow Up« (1966). Nicht zuletzt der abgefahrene Soundtrack von Michel Magne trägt dazu bei, dass diese Reise in die Zukunft und gleichzeitig zurück in die Sixties einen festen Platz in den Top 100 der abgefahrensten Kultfilme hat.