Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs (2003)

Verfasst von Kalla Malla am 20. September 2015

Abschied ist ein scharfes Schwert. Mit "Die Rückkehr des Königs" endet die Trilogie der phantastischen "Herr der Ringe"-Saga. Und nun geht es um alles. Eine übermächtige Armee muss besiegt, eine Monster-Spinne geschlagen, der güldene Ring endgültig zerstört werden. Das klingt gewaltig - und ist es auch. Nach sieben Jahren Arbeit, 274 Drehtagen und mit einem Budget von 333 Millionen Dollar vermochte es der neuseeländische Regisseur Peter Jackson mit dem dritten Teil erneut, einen detailverliebten und bildgewaltigen Film zu drehen, in dem sich vorrangig alles um eines dreht: große Gefühle.

Die entspinnen sich, dem zweiten Teil gemäß, vor allem zwischen den beiden Hobbits Frodo und Sam. Doch auch andernorts brodeln die Emotionen. Eowyn verliebt sich hoffnungslos in Aragorn, der aber träumt von der Elbentochter Arwen, und der Truchsess Denethor, Statthalter Gondors in der Stadt Minas Tirith, liebt nur einen seiner Söhne. Doch Boromir ist tot, und so buhlt sein Bruder Faramir um die Gunst des Vaters. Das nennt man Konfliktpotenzial.

Unausgeglichen ist auch die Qualität der dargestellten Liebesbezeugungen. So werden die Szenen zwischen Frodo und Sam von Peter Jackson in klassischer Liebesfilm-Manier dargestellt. Immer wieder werfen sich die Hobbits schwer verliebte Blicke zu.

Das sorgt, vom homoerotischen Aspekt einmal abgesehen, insofern für Verwirrung, als dass die britisch-klassenbewusste Vorlage Tolkiens von einer unerschütterlichen Liebe eines Dieners zu seinem höher gestellten Herrn ausgeht, die sich insbesondere dadurch mehrt, dass sich "Master Frodo" im Verlauf der Handlung charakterlich festigt. Nun ja, das will erst einmal dargestellt werden.

Denn anstatt an Weisheit und Größe zu gewinnen, lässt sich der blauäugige Frodo (Elijah Wood) zunächst vom eifersüchtelnden Gollum dazu verleiten, den "fetten Hobbit" Sam (Sean Astin) wegzuschicken, um daraufhin blindlings in die Falle zu tappen. Gollum führt Frodo schnurstracks in die Höhle der Mega-Spinne Kankra. Dieser Regieeinfall trägt zwar zur Niedertracht des ausgemergelten Ekelpakets bei, mindert aber auch die Möglichkeit, Frodo doch noch als heldenhafte Hauptfigur zu würdigen.

Dafür kehrt Sam zurück, um seinen geliebten Gefährten zu retten - und wächst von da an über sich selbst hinaus. Aus dem einfachen Gärtnersohn wird ein strahlender Held. Er besiegt die Spinne, trägt Frodo den Schicksalsberg hinauf und rettet schließlich das Leben seines vom Ring der Macht benebelten Herrn. Auch eine Art, das Klassenbewusstsein zu unterwandern. Während sich der Held der Arbeiterklasse also wacker abrackert, übt sich Elijah Wood in dem singulären Gesichtsausdruck "Erschöpfung", verdeutlicht durch stieren Blick und eine steile Stirnfalte. Zum Glück wird die Bürde des Ringes auch noch durch blutige Schleifspuren der Kette am Hals des Hobbits verbildlicht.

Unterdessen zieht Eowyn (Miranda Otto), die Nichte des Königs Théoden, in den Krieg. Von Aragorn verschmäht und als im Krieg nutzlose Frau zurückgelassen, mischt sie sich als Krieger verkleidet unter die Truppen und stellt sich auf dem Schlachtfeld ausgerechnet dem Hauptmann der Ringgeister in den Weg. Der fühlt sich im Angesicht des kleinen Soldaten siegessicher, heißt es doch, ihn könne kein Mann schlagen. Böse Falle: Eowyn schleudert den Helm weg, die blonde Mähne fällt und schon rammt sie ihm das Schwert mitten in die Fratze - einer der wirkungsvollsten Momente des Films.

Die eindrucksvollste Sequenz jedoch ist der versagten Vaterliebe zu verdanken. Gondors Truchsess Denethor (gespenstisch: John Noble) gibt zu, dass er sich wünschte, sein Sohn Faramir wäre an Boromirs Stelle gefallen. Faramir reitet daraufhin mit seinen Männern zur verlorenen Stadt Osgiliath, die von den Orks eingenommen wurde. Ein dem Tode geweihtes Unterfangen. Gleichzeitig singt Pippin für Denethor ein klagendes Lied. Faramir reitet, Orks schreien - und der übergeschnappte Truchsess stopft sich Tomaten in den Mund, bis ihm der rote Saft über das Kinn läuft. Von den in Mittelerde bizarr wirkenden Kirschtomaten einmal abgesehen - eisiger kann es dem Zuschauer nicht den Rücken hinunter laufen, blutiger ist keine Szene in "Die Rückkehr des Königs".

Man fragt sich ohnehin, wie es ausgerechnet der Splatter-Spezialist Jackson ("Braindead") vermochte, immer wieder ganze Schlachtfelder ohne Blutvergießen darzustellen - und doch war es gerade ihm möglich. Während abgeschlagene Köpfe in die Stadt katapultiert werden, gigantische Olifanten Pferde und Menschen zu Brei zerstampfen und grausige Trolle alles und jeden zerschlagen, der sich ihnen in den Weg stellt, fließen Hektoliter Blut - aber nur im Kopf der Zuschauers. Das ist Filmkunst.

Die lässt zum Ende des Filmes allerdings deutlich zu wünschen übrig. Aragorn (im Gegensatz zu Elijah Wood kann er charakterliche Veränderungen darstellen: Viggo Mortensen) wird zum König gekrönt und schließt seine hoffnungslos aseptische Elbenprinzessin Arwen (Liv Tyler) in die Arme. Die Hobbits kehren wieder in das Auenland zurück - Friede, Freude, Eierkuchen. Von der massiven Abweichung zum Buch einmal abgesehen, wird das finale Happy-End in seiner Länge und Kitschigkeit allen drei Teilen zusammen gerecht: Schier endlos zieht sich der Abschied hin. Vielleicht hat Jackson damals noch nicht gewusst, dass er die Hobbits 9 Jahre später in drei weiteren Filmen triumphal zurückkehren lässt.

Fazit: Auch wenn Die Rückkehr des Königs auf Grund der unerfüllbaren Erwartungen nicht die gleiche Magie heraufbeschwört wie Die Gefährten, und die Grenze zum Kitsch hier und da überschritten wird, so ist er doch zu jeder Zeit ein würdiger Abschluss eines grandiosen Stücks Filmgeschichte.