Die Reise zum Mond (1902)

Verfasst von Kalla Malla am 21. April 2013

Eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Professor Barbenfouillis (Georges Méliès) wird mit innerhalb einer riesigen Kapsel mit einer Kanone zum Mond geschossen. Auf einem Kongress der Astronomischen Gesellschaft stellen sie einen Plan vor, wie man sicher zum Mond fliegen kann. Bis auf die Ausnahme eines Wissenschaftler stimmte man dem Projekt einstimmig zu. Die Vorbereitungen verlaufen nach Plan und die Wissenschaftler sind zuversichtlich. Begleitet von attraktiven Damen besteigen sie kurz vor dem Start die Kapsel. Beim feierlichen Start wird die französische Flagge geschwenkt, der Docht angezündet und die Kugel gen Mond geschossen. Die Reise verläuft ebenfalls reibungslos und als sie ankommen, treffen sie nicht nur auf eine bizarre Mondoberfläche, sondern auch auf unliebsame Mondbewohner.

Bezeichnete man das Kino der Pioniere Edison und Lumiére Ende des 19. Jahrhunderts noch als »Kino der Attraktionen«, bei dem schon ausschließlich das bewegte Bild als reales Abbild der Wirklichkeit den erstaunten Zuschauer faszinierte, entwickelte sich ab 1902 das »Kino der narrativen Integration«. Wie schon die Entwicklungsphasen der ersten Filmkameras und Abspielgeräte wurden auch die ersten Schritte des narrativen Films in Frankreich und den USA nahezu parallel zurückgelegt.

Georges Méliès, seinerzeit professioneller Zauberkünstler, drehte 1902 in Anlehnung an Jules Vernes Romanvorlagen »Die Reise zum Mond« (»Le Voyage dans la Lune«) den ersten Scince-Fiction Film der Filmgeschichte und schöpfte als erster die sich ihm bietenden neuen Möglichkeiten der noch jungen Kunst aus. Durch einen Zufall stieß der Sohn eines Schuhfabrikanten auf die Möglichkeit, Special Effects zu produzieren und zeigte mit seinem wohl bekanntesten Werk wohin die Reise des neuen Mediums Kino gehen sollte.

Méliès verstand es, komplexere Handlungen zu inszenieren, indem er durch Schnitte und Montagen erste Erzählstrukturen konstruierte. Zudem entdeckter er Filmtricks und Spezialeffekte, mit denen er seine fantastischen Filmwelten und Zauberkünste auch für die Leinwand ausstaffieren und perfektionieren konnte. Mit seinem beeindruckendem tricktechnischen Erfindungsreichtum setzte er bereits zu Beginn seiner Karriere als Filmemacher, als er sich noch auf das abfilmen von Scatchen und Zauberkuststücken auf Bühnen beschränkte, visuelle Effekte wie Split-Screens, Überblendungen, Doppelbelichtungen oder Animationstechniken wie Stop-Action und Stop-Motion ein.

»Le Voyage dans la Lune« wurde zu Méliès' teuersten und spektakulärsten Produktion und ist einer seiner wenigen erhaltenen Arbeiten. Vor allem die aufwendigen, von Méliès selbst gestalteten und entworfenen Szenenbilder, verschlangen Unsummen. Neben der Regie, der Produktion und dem Drehbuch fungierte Méliès auch noch als Hauptdarsteller. Der Aufwand sollte sich auszahlen, »Le Voyage dans la Lune« wurde zum erfolgreichsten seiner ca. 500 Filme und zu einem der einflussreichsten Werke des frühen Kinos.

Die Ästhetik der unschuldig anmutenden, grenzenlosen Naivität der Bilder wurde häufig in unterschiedlichen Medienkontexten zitiert, beispielsweise in Form von Musikvideos. In Queens »Heaven For Everyone« werden ganze Originalszenen aus Méliès Werken verwendet. Eine weitere Hommage kam 1995 von der US-Band Smashing Pumpkins, die im Videoclip zu ihrer Single »Tonight, Tonight« gleich ein komplettes Remake inszenierten.

Im Jahre 2002 wurde eine vollständige Kopie des Films in Frankreich entdeckt, die zudem komplett handkoloriert ist. Es existieren viele verschiedene Fassungen des Films, die teilweise Szenen enthalten, die offenbar später gedreht wurden. So landet in einer Version die Rakete in dem geöffneten Mund des Mondgesichtes. Damals wurden noch keine Zwischentitel zur Erläuterung der Handlung eingesetzt, doch hatte Méliès einen Text vorbereitet, der häufig zur Begleitung der Vorführungen vorgelesen wurde (und auf einigen amerikanischen DVD-Veröffentlichungen zu hören ist). Außerdem bewarb Méliès den Film in seinem Katalog mit insgesamt 30 Kapitelüberschriften, die einen Überblick über die Handlung geben.

Fazit: »Die Reise zum Mond« ist ein Stück Filmgeschichte, das jeder Filmfreund einmal gesehen haben sollte. Der Film dauert zwar nur eine Viertelstunde, ist aber auch nach satten 100 Jahren noch sehenswert und nicht umsonst ein Meilenstein in der Geschichte der bewegten Bilder.