Licht im Dunkel (1962)

Written by Kalla Malla on April 16, 2013

Arthur Penns »Licht im Dunkel« (»The Miracle Worker)« aus dem Jahr 1962 gehört wohl zu den Filmen, die mich am meisten mitgenommen und gefordert haben, sowohl als ich ihn in meiner Jugend im TV sah als auch heute noch.

Der Film basiert auf der Autobiografie (die später fürs Theater dramatisiert und für die Verfilung adaptiert wurde) von Helen Keller, die im Alter von 19 Monaten taubstumm und blind wurde. Die Lehrerin Annie Sullivan reist 1887 von Boston in eine Kleinstadt nach Alabama, um die Erziehung der jungen Helen Keller zu übernehmen, die mit 19 Monaten erkrankte und taubstumm und blind wurde. Annie, selbst blind gewesen, bemüht sich um Helen, deren körperliche Gewandtheit sie erstaunt. Annie, die emotionale und intellektuelle Kräfte Helens wecken will, wird in ihrer Arbeit durch die Familie behindert. Trotzdem macht Helen dank Annies Aufopferung, Mut und Energie ihre Fortschritte, lernt die Regeln sozialen Lebens und beginnt zu sprechen.

»Licht im Dunkel« ist ohne Zweifel ein schwerer Filmstoff, der dem Zuschauer viel abverlangt, und dazu ein hochklassiger Schauspielerfilm. Anne Bancroft und Patty Duke spielten die Rollen bereits am Broadway und erhielten für die Verfilmung beide den Oscar für die beste Haupt- bzw. Nebenrolle (in einer früheren TV-Version, die ebenfalls von Penn inszeniert wurde, spielten Theresa Wright und Patty McCormack). Regisseur Arthur Penn widersetzte sich dem Studio, das unbedingt einen Star wie Elizabeth Taylor oder Audrey Hepburn in der Hauptrolle sehen wollte, und bestand auf Bancroft. Sein Film handelt von Hoffnung in einer hoffnungslosen Situation, von Vertrauen, Mitgefühl und Menschlichkeit.

Wenn Bancroft im Haus der Familie eintrifft und sieht, wie Helen dort lebt, überträgt sich ihre Wut sofort auf den Zuschauer. Da Helen sich nicht ausdrücken kann, sondern ihre Welt nur ertastet, erschmeckt und riecht, wird sie von ihrer Familie wie ein Hund behandelt. Ihr Essen nimmt sie zu sich, indem sie sich beim Abendessen von einem Teller zum nächsten tastet und sich von jedem etwas in den Mund stopft. Ihre Angst und Hilflosigkeit äußern sich in unkontrollierbaren Wutanfällen und Gewalt. Die ersten Erfolge von Lehrerin Annie werden von der Familie als bedrohlich empfunden, sie möchten den Unterricht am liebsten abbrechen, weil sie sich schon an die bizarren Lebensumstände gewöhnt haben. Das "Hündchen" ist ihnen lieber als die Mühe, die es braucht, damit Helen als Mensch leben kann. Der Kampf zwischen Annie und Helen, die sich ebenfalls deren Bemühungen widersetzt, ist ebenso mitreißend gespielt wie packend inszeniert und grandios in Schwarzweiß fotografiert.

Wenn Annie ihren Durchbruch erzielt (indem sie Helen verständlich macht, was Wasser bedeutet und dass es einen Namen dafür gibt), erreicht auch der Film einen unbeschreiblich emotionalen Höhepunkt. »Licht im Dunkel« ist ein großartiges Meisterwerk, das auf jeglichen Kitsch verzichtet und immer noch viel zu wenig bekannt ist. Was das Thema Menschlichkeit in einer unmenschlichen Umgebung und das Bemühen eines Einzelnen angeht, fällt mir zum Vergleich spontan nur »Der Elefantenmensch« ein, der viele Parallelen aufweist. Interessanterweise ist die wunderbare Anne Bancroft in beiden Filmen zu sehen.