Die Spur des Falken (1941)

Written by Kalla Malla on April 16, 2013

Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. O'Shaughnessy gibt an, ihre Schwester sei spurlos verschwunden und mit einem windigen Typen unterwegs, der sie psychisch vergifte. Sam Spade überlässt seinem Partner das Feld, da er sich für die Frau auch über den Fall hinaus interessiert. Doch am gleichen Abend noch wird er erschossen und Sam Spade muss sich dann doch in den Fall einschalten. Was wird hier gespielt und noch wichtiger: Warum müssen Menschen sterben? Es scheint, es geht um etwas viel Wichtigeres, als nur um das Verschwinden einer jungen Frau...

John Hustons Regiedebüt aus dem Jahr 1941 gilt heute als Startschuss des klassischen Film Noir und als einer der besten amerikanischen Filme aller Zeiten. Huston schrieb selbst das Drehbuch nach einer Vorlage von Dashiell Hammett, die bereits zweimal zuvor inszeniert wurde. Hollywood-Star George Raft sollte die Hauptrolle übernehmen, lehnte aber ab, weil er nicht unter einem Debütanten arbeiten wollte. Humphrey Bogart - der bislang nur in B-Filmen auftrat - übernahm die Rolle, die ihn unsterblich machte.

Als ultra-cooler Privatdetektiv übernimmt er gemeinsam mit seinem Partner den Fall der Brigid O'Shaughnessy (Mary Astor), die ihn beauftragt, einen dubiosen Mann namens Thursby zu beschatten. Als kurz darauf sowohl Bogarts Partner als auch Thursby gewaltsam das Zeitliche segnen, beginnt ein komplexes Katz- und Mausspiel. Merkwürdige Figuren bedrohen Sams Leben, eine unermesslich wertvolle Falkenstatue wird von allen Seiten gesucht, und der reizenden Miss O'Shaughnessy ist weiterhin nicht zu trauen...

Huston erhielt von seinem Kollegen Howard Hawks den Rat, sich so eng wie möglich an Hammetts Vorlage zu halten, und so spielt »Die Spur des Falken« an nur wenigen Schauplätzen, bietet wenig Action und dafür mehr Dialoge, die allerdings messerscharf geschrieben sind und von der gesamten Besetzung in einem so höllischen Tempo vorgetragen werden (Hawks lässt grüßen), dass man als Zuschauer keinen Satz verpassen sollte, um den komplizierten Plot zu verstehen. Obwohl Bogart die zentrale Figur spielt und für jede Situation einen sarkastischen Spruch auf den Lippen hat, handelt es sich hier um einen Ensemblefilm, und das Ensemble ist schlicht genial. Peter Lorre, Sydney Greenstreet, Elisha Cook jr. und natürlich Mary Astor als abgründige Femme Fatale, die alles ins Rollen bringt, sie alle erwecken ihre präzise gezeichneten Charaktere mit Hingabe und Witz zu unvergesslichem Leben. John Huston bietet ständige Wendungen und Überraschungen, bis im berühmten Finale alle Fäden zusammenfinden und ein wunderbarer Schluss das Gesamtkunstwerk abrundet.

Viele der heute bekannten Noir-Klischees werden in Hustons Klassiker nur angedeutet. Bogart ist nicht der übertrieben gebrochene Antiheld, Mary Astors Wirkung beruht nicht auf Sex-Appeal, sondern auf Understatement, und auch visuell verzichtet Huston auf ein artifizielles Spiel mit Licht und Schatten, das man etwa bei Lang oder Wilder findet. Noch erstaunlicher ist die Tatsache, dass Hustons Klassiker mit so wenig Aufwand eine maximale Ausbeute erzielt. Wie man immer wieder feststellen darf, ist es die Qualität von Drehbuch, Schauspielern und Regie alleine, die einen Film zum Geniestreich machen kann. »Die Spur des Falken« beweist dies nachdrücklich. Ein klasse Film, damals, heute und für alle Zeiten.