Rocky V (1990)

Verfasst von Kalla Malla am 19. August 2012

Der knappe Sieg über Ivan Drago hat Rocky Balboa (Sylvester Stallone) einen schweren Hirnschaden beschert. Obwohl er sich selbst immer noch in der Lage sieht, sich jüngeren Boxern gegenüberstellen zu können, tritt er auf das Drängen seiner Frau Adrian (Talia Shire) und den Rat der Ärzte als Boxer zurück. Doch das Schicksal hält noch einen weiteren Tiefschlag für Rocky bereit: Aufgrund eines Fehlers von Paulie (Burt Young) erhält Rocky's Steuerberater Generalvollmacht über das Vermögen des Boxers und verliert dieses aufgrund einer Fehlspekulation. Die Balboa's stehen nun wieder vor dem Nichts: Das Geld ist weg, ihr Eigentum wird gepfändet. Rocky beschließt, mit Adrian, Paulie und seinem mittlerweile jugendlichen Sohn Rocky Jr. (Sage Stallone) wieder dorthin zurückzukehren, wo einst alles begann: In die Arbeiterviertel von Philadelphia. Rocky ist das harte Leben in den Slums gewöhnt, doch sein Sohn hat es schwer in der Schule, wo er als Spößling des berühmten Boxers schnell von seinen Mitschülern gedemütigt wird. Rocky führt derweil Micky's alte Trainingshalle weiter und kümmert sich dort um junge Boxer. Eines Tages wird er von dem jungen Schwergewichtler Tommy Gunn (Tommy Morrison) gebeten, für ihn als Trainer einzuspringen. In Tommy erkennt Rocky das selbe Feuer, das auch er einst hatte und so will er ihn zum Weltmeistertitel führen. Als der skrupellose Boxmanager George Washington Duke (Richard Gant) auf Rocky und Tommy aufmerksam wird, ködert den den jungen Boxer und hetzt ihn, mit einem gewinnversprechenden Kampf vor Augen, gegen Rocky auf...

Das ist er also, der angebliche Niedergang der weltberühmten "Rocky" Reihe. Hört man sich so um, lässt kaum ein Kritiker ein gutes Haar an dem Film, doch bei vielen eingefleischten Fans gilt er dennoch als respektable Fortsetzung. In einem Interview gab Sylvester Stallone einst sogar selbst an, mit dem letztendlichen Resultat nicht zufrieden zu sein, da er sich ein dramatischeres Ende der Reihe wünschte. So stand im ursprünglichen Drehbuch sogar, dass Rocky am Ende des Films sterben sollte, doch glücklicherweise entschied sich Sly noch um und machte so den Weg frei für "Rocky Balboa", der quasi eine Entschuldigung Stallone's für "Rocky 5" war. Nun ist es schon interessant zu beobachten, wohin es die berühmte Filmreihe innerhalb von 14 Jahren verschlagen hat. War "Rocky" noch ein Überraschungserfolg und konnte sogar Oscars abräumen, floppte "Rocky 5" an den Kinokassen (er hatte in den USA etwa ein Drittel des Einspiels von "Rocky 4") und wurde außerdem für 8 Goldene Himbeeren, das negative Gegenstück zu den Oscars, nominiert.

Wenn man sich all diese erschreckenden Fakten vor Augen führt, könnte man den Eindruck erhalten, "Rocky 5" sein ein unerträgliches Stück Zelluloidverschwendung geworden, doch dem ist keinesfalls so. Gegenüber dem vorhersehbaren und inhaltslosen "Rocky 4" macht der fünfte Teil sogar wieder einen großen Schritt in die richtige Richtung und bringt Rocky Balboa zu seinen Wurzeln zurück. Doch nicht nur das, er schafft es sogar, einen neuen Wind in die Reihe zu bringen. So läuft der Streifen nicht mehr nach dem Schema der Vorgänger ab, dass Rocky sich einem übermächtigen Gegner stellen muss und nach einigen Rückschlägen und einem harten Training doch noch den Sieg einstreichen kann. Nein, hier tritt er nur noch als Manager eines aufstrebenden jungen Fighters auf und wird dabei mit den Schattenseiten des Business konfrontiert.

"Rocky 5" begeht einige wenige Fehler, ist alles in allem aber als stimmiges Gesamtwerk und abwechslungsreiche Fortsetzung zu betrachten. Die Idee, Rocky "back to the roots" zu bringen und ihn wieder dorthin zu verfrachten, wo er zu Beginn des ersten Teils stand, ist nicht die Übelste, wurde allerdings etwas oberflächlich erzählt. Auf einen Schlag verliert Rocky alles, ergibt sich seinem Schicksal und kehrt sogleich wieder in die Ghettos zurück, aus denen er kam. Hier fehlt ein wenig die Dramatik oder die Tiefe eines derart herben Schicksalschlages. Auch wird nicht so recht klar, wieso Rocky seine Berühmtheit nicht ausnutzt, um seiner Familie ein besseres Leben zu bescheren. Anstatt dass er wieder in den Medien auftritt, gibt er sich verloren und am Ende. Mit dem Auftauchen des jungen Boxers Tommy Gunn kehrt allerdings das Leben in Rocky zurück und meint, sich selbst in dem aufstrebenden Talent zu erkennen. Durch die Förderung Tommy's vernachlässigt er allerdings seine Familie und wird letzten Endes auch von Tommy im Stich gelassen.

Eine Menge Dramtik erwartet den Fan des Rocky-Franchise also und so gleicht "Rocky 5" wieder mehr den Teilen 1 & 2, als den actionlastigen, nachfolgenden Teilen 3 & 4. Mit John G. Avildsen holte man wieder den Mann auf den Regiestuhl zurück, der bereits das Original inszenierte. Das Drehbuch wurde hingegen wie üblich von Stallone selbst geschrieben, während der Posten der Produzenten wieder mit Winkler und Chartoff besetzt wurde. Es war also ein gestandenes und aufeinander abgespieltes Team, das den fünften Auswurf der Reihe realisierte und das merkt man dem Ganzen auch an. "Rocky 5" versprüht wieder den Charme aus alten Zeiten, ist dabei aber nicht ganz so schwermütig wie der erste "Rocky", sondern hält auch ein bisschen der actionreichen Atmosphäre des dritten und vierten Teils bereit.

Die Negativkritiken sind deshalb nicht nachvollziehbar, da der Film über 99 Minuten perfekt unterhält und dabei auch neue Aspekte einbringt. Wieso muss man Sequels denn immer genau gleich wie bereits dagewesenes inszenieren, wenn man stattdessen mal etwas Neues versuchen kann? Stallone's Drehbuch ist anzumerken, dass es unter Zugzwang geschrieben wurde, dennoch hält es noch viel Interessantes bereit. Rockys Entfremdung von seiner Familie und insbesondere seinem Sohn wurde sehr realistisch dargestellt und auch sein Vertrauen in den jungen Tommy und wie dieses letztendlich missbraucht wird, hält viel Dramatik bereit. Hier gibt es nicht mehr so viele Kämpfe wie im dritten Teil zu sehen, dafür wird mit einem finalen Straßenkampf zwischen Rocky und Tommy erneut Abwechslung eingestreut.

Bei all dem Positiven muss man sich aber auch über Einiges beklagen. Der Soundtrack ist großteils eine Zumutung und setzt sich aus Hip Hop Tracks zusammen, die einfach nicht zur Atmosphäre eines "Rocky" Films passen wollen. Auch geht die Entwicklung Rocky's vom cleveren Mann von Welt zurück zum armen Schlucker aus dem Armenviertel etwas zu schnell, als das man es wirklich nachvollziehen könnte. Von dem abgesehen wird aber jeder wahre "Rocky" Fan mit Sicherheit noch seinen Spaß an dem Teil haben. Er verfügt über eine spannende Dramaturgie und bringt den Geist des ersten Teils stückweit wieder zurück. Über die Schauspieler kann man sich auch nicht beklagen. Stallone, Shire und Young spielen die drei Hauptcharaktere wie üblich glaubhaft, wenn auch nicht mehr so dynamisch wie einst. Rocky's Sohn im Film wurde von Sly's tatsächlichem Sohn Sage Stallone gespielt, der eine passable Debutleistung ablegt. Tommy Morrison ist auch im wahren Leben Profiboxer, was man ihm gut anmerkt. Oscarverdächtig ist seine Darstellung nicht, dafür aber um so authentischer. Erwähnenswert ist auch die Leistung von Richard Gant, der den Boxmanager in Anlehnung an Don King spielt.

Die unsägliche Filmkatastrophe, die viele in "Rocky V" sehen, ist der Streifen garantiert nicht. Erfreulicherweise hält er genug Abwechslung bereit, um über die gesamte Laufzeit spannend unterhalten zu können. Die Story ist endlich mal etwas anderes und nicht immer wieder die gleiche Leier. Viele Fans dürfte es zwar enttäuschen, dass Rocky hier nur noch als Trainer und nicht mehr als Kämpfer auftritt, doch zur Entschädigung darf der "italienische Hengst" in einem finalen Straßenkampf gegen seinen ehemaligen Zögling doch nochmal die Fäuste ballen. "Rocky 5" weiß ausnehmend gut zu gefallen und ist eine Wiedergutmachung für den schwachen vierten Teil. So schlecht wie oft behauptet, ist der Streifen wirklich nicht.